Musik auf CD und online

Aufnahmen der Theatermusik von Charlotte Wilde

Aufnahmen der Theatermusik von Charlotte Wilde gibt es auf zwei CDs sowie auf unserer Soundcloud online.

CD Bestellung per E-mail:

  • Any where out of the world Theatermusik 1997-2006, 2 CDs für 14,- Euro inkl. Versand.
  • Songs for Alice (mit Johannes Frisch) deluxe limited edition mit Artwork von Robert Voss. Für 18,- Euro inkl. Versand.

(Artwork Robert Voss, Foto Michał Strokowski)

Charlotte Wilde: “Any where out of the world”

von Johannes Frisch

Zehn Jahre Figurentheater Wilde & Vogel, das bedeutet die internationale erfolgreiche Arbeit eines theatralischen Unternehmens, gleichermaßen und gleichberechtigt aber auch eine mit seltener Konsequenz geführte musikalische Entwicklung. Im Zusammenspiel und in der intensiven künstlerischen Partnerschaft mit dem Figurenspieler, Figurenbauer und Regisseur Michael Vogel schuf Charlotte Wilde im vergangenen Jahrzehnt einen musikalischen Kosmos, der aus der Beziehung zur bildnerischen Phantasie des Partners heraus entstand, als reines Hörereignis jedoch seine volle Autonomie gewinnt.

Auf einem prall gefüllten Doppel-Album, unterteilt in “Kinderstücke” und “Abendstücke” vereint Charlotte Wilde Ausschnitte aus ihrer vielfältigen Arbeit des vergangenen Jahrzehnts, Musik, die für ein volles Dutzend Theaterstücke entstanden. Vielfältig ist das Instrumentarium, das Charlotte Wilde virtuos einzusetzen weiß, es reicht von Spieluhr und Xylophon über Klavier, Akkordeon und Hammond-Orgel bis zur Vielfalt der Saiteninstrumente, seien es die Mandoline, der E-Bass und Wildes Hauptinstrumente Geige und Gitarre, die vorzugweise in elektrifizierter Weise erklingen. Zum Chor der verschiedentlich auftauchenden Stimmen, die sich sprechend und singend in den musikalischen Reigen fügen, gesellt sich auch Wildes eigene. Außerdem ist sie eine meisterliche Beherrscherin zahlloser kleiner bunter Kästlein und Pedale, mit denen sie ihren Klangkosmos elektronisch erweitert, geräuschige Atmosphären zaubert und sich, wenn es nötig ist, live zu einem ganzen Orchester zu vervielfältigen weiß.

Schier unerschöpflich sind die Einflüsse, die sich in der Theatermusik Charlotte Wildes finden. Starke Eindrücke kommen von Folk und Klassik, von Neuer Musik und Minimal Music, vor allem aber von Rock und Punk, dem Charlotte Wilde wohl ihre Neigung zu schroffen Klängen, unvermuteten Ausbrüchen, fragmentarischer Skizzenhaftigkeit und rauen Brüchen verdankt. Indes findet ihre Musik zu einer ganz und gar eigenen Klangsprache, die zwischen melodiösem Wohlklang und lärmiger Attacke faszinierende Geschichten erzählt. Geschützt durch den Theaterraum entwickelte Wilde eine Musik, die experimentierlustiger kaum sein könnte und doch immer wieder wundersam vertraut daher kommt. Über den Anklang an Gewohntes, sei es zum Beispiel ein Motiv von Richard Wagner oder eine traditionelle irische Melodie, findet sie immer wieder zu ganz Neuem. “Any where out of the world” funktioniert natürlich bestens als musikalische Erinnerungshilfe an wundersame Theatermomente, vor allem aber ist “Any where out of the world” eine reiches, starkes Stück Musik.

Berückende Arrangements: Charlotte Wildes Any where out of the world

Leipzig Almanach, Dezember 2007 von Tobias Prüwer

Den Moment kann man nicht festhalten. Das ist gerade hinsichtlich der schönen, wunderbaren bedauerlich. Aber man kann Erinnerungen an sie bewahren und auch erwecken. Eine solche Funktion wird Any where out of the world für alle haben, die bereits ein Theaterstück gesehen haben, dessen Musik von Charlotte Wilde stammt. Denn die Doppel-CD enthält allesamt Lieder, die Wilde in den vergangenen Jahren im Rahmen verschiedener Produktionen komponiert hat. Und bei wem das Album keine Erinnerungen an poetische Theaterabende evoziert, der kann sich dennoch an der Bildhaftigkeit und dem Variantenreichtum der Melodien erfreuen und über 120 Minuten betören lassen.

Der erste Silberling enthält Kinderstücke. Geige und Tinwhistle begleiten die melancholischen Landschaften, durch die Nils Holgerson reist. Im Flug durchquert er teils zu Folksongs Schweden, tanzt mit wilden Tieren, berauscht sich an der Natur. Danach finden sich luftig-leichte Klavieretüden eingestreut. Diese stammen aus der Adaption vom preisgekrönten Bilderbuch Leonard Wolf Erlbruch), das von der Verwandlung eines hundescheuen Jungen in einen jungenscheuen Hund handelt. Die Stücke aus Der Hobbit illustrieren mit Geige und Mandoline den Abenteuerurlaub des Bilbo Beutlin, wie er frohen Mutes und forschen Schrittes aus dem Auenland zieht und schließlich auf verschiedene Bewohner Mittelerdes trifft. Da erklingt verzerrtes Ork-Geschrammel und besonders fantastisch geben sich hier die Elben. In piepsiger Vielstimmigkeit erschallt ihr Tirilieren, erinnert an religiöse Gesänge und verknüpft Getragenheit wunderbar mit Ironie. Der Fischer und seine Frau schippern zunächst musikalisch an einem Sommertag gemütlich auf dem Meer und zupfen sich auf der E-Gitarre ein Liedchen. Zu zarten Klängen schwelgt das Paar im neuen Luxus bis schließlich der sprechende Butt erzürnt und Geigen vom Himmel Gewitter, Sturm und ernüchterte Bescheidenheit bringen. Zwischen den verschiedenen Themen sorgen Stücke aus Maria auf dem Seil mittels Spieluhr und Akkordeon für stimmige Übergänge und das verbindende Element.

Auf der zweiten CD ist Musik zu Erwachsenenstücken zusammengetragen, von denen die meisten mit elektronischer Geige und E-Gitarre instrumentiert sind. Mit Wagneradaption und Rocksong ist Die Ballade vom Fliegenden Holländer akustisch inszeniert. In Toccata werden die Phantasmagorien Robert Schumanns mit der Hammondorgel erzeugt. Zwischen Chanson und freier Improvisation changieren die Stücke aus Salomé. Darunter mischen sich Interpretationen eines russischen und eines irischen Traditionals (aus Emigré und Exit. Eine Hamletfantasie) und zum Intermezzo tritt eine zartbesaitete Fee aus dem Sommernachtstraum – reorganisert auf und vollführt auf der Geige ein Tänzchen. Ins groteske Paris des Charles Baudelaire führt schließlich die Musik zu Spleen mit teilweise vertonten, von Kindern eingesprochenen Prosagedichten. Mal schleppend, mal quiekend, aber immer von sonderbarer Anmut zieht das urbane Wasteland am geistigen Auge vorüber. Die CD beendet eine großartige, froschgesichtige Interpretation des Elvis-Klassikers Don`t. Auch der Albumtitel ist Baudelaires Werk entnommen. Any where out of the world – Überall, nur nicht auf dieser Welt, kann sich die Seele einrichten. Besser lässt sich der leise melancholische Grundton von Wildes berückenden Arrangements gar nicht pointieren.

Mir ist, als ob ich da glücklich sein würde, wo ich nicht bin…
Charles Baudelaire: Spleen

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